Weil im Alter die Barrierefähigkeit und der Gehalt an Feuchthaltefaktoren (NMF) abnehmen, ist gealterte Haut anfälliger und trocknet eher aus. Davon ist mehr als jeder zweite Mensch im höheren Alter betroffen, die Folge ist, dass die Haut juckt. Darauf folgen Kratzreaktionen, die Haut entzündet sich und ist gereizt und es entsteht mehr Juckreiz. Regelmäßiges Eincremen und Rückfetten der Haut, ungefähr ein- bis zweimal am Tag kann da schon helfen.
Auch die atopische Dermatitis ist mit Juckreiz verbunden, der vor allem an den Ekzemherden in Ellenbeugen, Kniebeugen oder an den Handgelenken auftritt, sich im Lauf des Lebens je nach Stärke aber auch auf andere Areale ausbreiten kann. Die betroffene Haut ist häufig sehr trocken, die Hautbarriere ist gestört und deshalb kann sich die Haut nicht adäquat selbst schützen. Deshalb ist es auch bei Neurodermitis sehr wichtig, sich zweimal täglich konsequent einzucremen und dabei darauf zu achten, die gesamte Haut zu pflegen.
Was wird so empfohlen bei chronischem Juckreiz?
Im Akutfall gibt es in Apotheken und auch Drogerien erhältliche Serien verschiedener Firmen, oft spezialisiert auf bestimmte Erkrankungen (atopische Dermatitis), aber auch zur allgemeinen Basispflege. Es empfiehlt sich, verschiedene Präparate ausprobieren, um das Optimale zu finden, weil jede Haut individuell reagiert. Man findet zahlreiche verschiedene Cremes und Lotionen und auch verschiedene Serien mit unterschiedlichem Ureagehalt.
Was sagt die Leitlinie?
Eine Basistherapie/ grundlegende Pflege ist unerlässlich, denn Haut, die nicht gepflegt ist, kann sich auch mit Medikamenten nicht adäquat erholen. Weil trockene Haut Juckreiz verursacht, muss diese eingecremt, gestärkt und beim Aufbau der Hautbarriere unterstützt werden. Diese Basispflege sollte immer stattfinden – die Therapie der Haut sollte man auch in beschwerdefreien Intervallen beibehalten, um den Grund für die Beschwerden gar nicht erst wieder aufflammen zu lassen. Das gilt auch für Menschen, die keinen Wirkstoff verwenden und sagen der Haut gehe es grundsätzlich gut, aber ich neige eher zu trockener Haut; auch die sollten sich einmal täglich eincremen. Es soll auch und besonders während der Nutzung wirkstoffhaltiger Cremes dringend weiter gecremt werden. Die Therapie hängt auch vom genutzten Wirkstoff ab, ob zum Beispiel mit Cortison gearbeitet wird, einem anderen Wirkstoff oder ob gar keiner enthalten ist.
Für die Pflege der Haut gibt es verschiedene Möglichkeiten, die vom Hautbild abhängig sind. Die Lotion hat den höchsten Wasseranteil, das merkt man daran, dass sie sich sehr gut verteilen lässt und schnell einzieht. Die Creme enthält weniger Wasser, danach kommt dann die Salbe, die einen noch höheren Fettgehalt hat und sich noch schlechter verteilen lässt und später einzieht. Man macht die Nutzung davon abhängig, wie sich die Haut zeigt; wenn sie nur etwas trocken ist oder vielleicht leicht schuppt, reicht die Lotion, wenn sie trockener ist würde man dann auf die Creme wechseln und anschließend, wenn bereits feste, trockene Hautläsionen vorliegen, würde man eine Salbe verwenden, weil diese länger vor Ort bleibt und dadurch über eine längere Zeit Flüssigkeit und Feuchtigkeit abgibt und so dann langfristig die Verhornung und die Trockenheit verbessert. Bei chronisch trockener Haut nutzt man eher die Salbe, bei leicht gereizter und etwas trockener Haut greift man eher zur Creme oder Lotion.
Viele der guten Cremes, die empfohlen werden, sind natürlich teuer – allerdings gibt es oftmals keine Möglichkeit, diese zu verschreiben, weil kein Wirkstoff enthalten ist. Trotz fehlender Verschreibung haben Patienten zumindest die Möglichkeit, bei den Krankenkassen anzufragen, ob eine Unterstützung möglich wäre. Unter den Seminarteilnehmern kam auch die Empfehlung für die preiswerte Urea 10-Creme von Aldi.
Die cortisonhaltigen Präparate, die es in verschiedenen Stärken gibt, haben eine signifikante Wirkung auf die Entzündung, die man an der Haut sieht. Diese Entzündungen bringen Juckreiz mit. Durch die Therapie, die sich primär auf die Entzündung auswirkt, wird auch der Juckreiz gelindert – allerdings sollte man genau schauen, wie die Haut aussieht und ob diese Präparate indiziert sind. Diese sollten dann auch kurzfristig (je nach klinischem Zustand der Haut nicht länger als 2-4 Wochen) verwendet werden, auf jeden Fall aber nicht mehrere Monate ohne adäquate Basistherapie. Wenn Sie Kortison verschrieben bekommen haben und die Haut ohnehin bereits Entzündungen zeigt, sollten Sie sich zweimal täglich mit einer Basispflege eincremen, ergänzend zum Kortison. Zwischen den verschiedenen Cremes (Basispflege und wirkstoffhaltige Creme) sollten 30-60 Minuten Zeit liegen, um eine gegenseitige Beeinflussung zu vermeiden und ausreichende Wirkung zu gewährleisten. Zunächst würde man Cortison, dann die Basispflege verwenden.
Cortison soll nicht zur Langzeitpflege genutzt werden, sondern wird nach der Behandlung ausgeschlichen. Bei Tabletten würde man über mehrere Wochen langsam reduzieren, je nachdem wie lange Cortison eingenommen wurde zieht sich das länger oder kürzer. Das liegt daran, dass die Nebennierenrinde, die das Cortisol produziert, diese Aufgabe bei einer längeren Gabe einstellt. Weil wir das aber ja brauchen, können wir es nicht direkt absetzen, sondern müssen den Körper langsam daran gewöhnen, dass er selbst wieder produziert.
Bei Cremes muss man schauen, dass es nicht zu einem Rückfall kommt, wenn man plötzlich mit der Therapie mit Kortison aufhört. Man würde dann beispielsweise erst eine Woche lang zweimal täglich cremen, es dann für ein bis zwei Wochen auf einmal täglich reduzieren, in der nächsten Woche dann alle zwei Tage und dann absetzen. Idealerweise beginnt man parallel zum Ausschleichen schon mit der Folgetherapie (bei atopischer Dermatitis beispielsweise mit Pimecrolimus oder Tacrolimus (topische Calcineurin-Inhibitoren)), die dann im besten Fall bereits wirksam eingeleitet sein wird, wenn die Kortisontherapie dann endet. Diese Calcineurin-Inhibitoren sind auch für eine Langzeittherapie geeignet, diese kann als Erhaltungstherapie über mehrere Jahre fortgeführt werden. Hierdurch können Langzeitnebenwirkungen des Cortisons vermieden werden.
Wenn der Juckreiz nervlicher Genese ist, also beispielsweise von einem eingeklemmten oder irritierten Nerv am Rücken stammt, könnte man versuchen, mit Lokalanästhetika zu therapieren. Sie sind für die Therapie von Schmerzen, Missempfindungen und Juckreiz zugelassen, Beispiele für diese Anästhetika wären Präparate mit Menthol oder Lidocain. Grundsätzlich sorgen diese Wirkstoffe für eine Betäubung. Auch das aus der Chili stammende Capsaicin kann zur Juckreizlinderung beitragen. Neben Cremes gibt es hier auch Pflaster, die beispielsweise bei brachioradialem Pruritus an den Seiten der Arme erfolgreich genutzt werden, um zu einer Symptomkontrolle beizutragen.
Wir merken uns also: Eincremen, eincremen, eincremen, rückfetten! Gerade bei Neurodermitis, wo die Haut chronisch geschädigt ist und die Barriere nicht selbst ausreichend gebildet werden kann, sollte am besten zweimal täglich ausgiebig gecremt werden. Es ist wichtig, hier eine richtige Grundlage zu bilden – der Dermatologe kann den Hautzustand feststellen und dann beraten, wie am besten gepflegt werden sollte. Die Grundlage der Substanz – Salbe, Creme, Lotion – wird von diesem Zustand bestimmt. Wenn es der Hautzustand erfordert, sollte kurzfristig zu einem Wirkstoff gegriffen werden, um diesen in den Griff zu bekommen – gerade bei Cortison, das langfristig mit Nebenwirkungen wie einer Hautverdünnung einhergeht, ist es wichtig, auf die Indikation zu achten und den Wirkstoff nur vorübergehend einzusetzen. Je nach Ausprägung der Erkrankung kann auch systemisch mit Spritzen oder Tabletten behandelt werden; im Wechsel mit Cortison-Therapien kann langfristig eine nicht cortisonhaltige Therapie wie die Calcineurin-Inhibitoren genutzt werden. Die Pflege der Haut sollte auch beibehalten werden, wenn die Haut gerade gut ist – auch eine prophylaktische Behandlung ist zu empfehlen.
Bei der Prurigo Nodularis zeigen sich an verschiedenen Stellen und verteilt auftretende, sehr stark ausgeprägte Knoten mit 1-2cm Größe, die sehr stark jucken und wegen des chronischen Auftretens schwer zu behandeln sind. Auch hier gilt die Devise, am Anfang kurz und wirksam ein Kortison-Produkt, das darf auch gern ein starkes sein, zu nutzen und das dann auf die Stelle aufzutragen, dann ein Pflaster oder Frischhaltefolie über die Stelle zu legen und die Creme darunter dann auch wirklich über Nacht einwirken zu lassen – damit kann man, gerade weil man in dem Bereich die Hautverdünnung nicht befürchten muss, weil es ja dünner werden soll, viel erreichen. Man kann da dann auch länger Kortison auftragen, weil man es ja nur an den Stellen nutzt, die tatsächlich verdickt sind. Außerdem könnte man bei diesen chronisch auftretenden Knoten auch Injektionen in diesen Knoten hineingeben, da gibt es Möglichkeiten, mit einem kleinen Injektor Kortison direkt dort hineinzuspritzen. So kann man lokal mit Kortison arbeiten, ohne großflächig oder von innen behandeln zu müssen, um diesen einen Knoten anzugreifen. Das kann man auch wiederholen. Bei sehr vielen Knoten würde man erstmal versuchen großflächig zu behandeln oder mit Tablettentherapie zu arbeiten. Damit gar nicht so viele Knoten auftreten oder einige beginnen abzuheilen, wird erst von innen therapiert, um dann anschließend die letzten Knoten nach einer Symptomlinderung mit der oben genannten Methode zu behandeln. Da man pro Sitzung auch nur 6-7 Knoten machen darf, ist das eher Patienten vorbehalten, bei denen schon Symptome gelindert wurden, um die letzten hartnäckigen Knoten dann zu behandeln.
Für die medikamentöse Behandlung der Prurigo gibt es verschiedene Präparate, viele davon sind allerdings nicht zugelassen. Primär wird mit Antihistaminika gearbeitet, dann würde man nach der Qualität des Juckreizes schauen – sind die Beschwerden eher stechend oder brennend oder vielleicht juckend, davon ausgehend würde man dann noch weitere Therapiemöglichkeiten anbieten. Wenn es eher brennt und sticht würde man eher auf die Nerven gehen und versuchen diese mit Antikonvulsiva, also Medikamenten, die aus der Epilepsietherapie kommen, zu beruhigen und diese vorsichtig eindosieren – das dauert in der Regel so circa acht Wochen, bis der Effekt da ist und man sieht, ob das wirklich gewirkt hat. Die Nerven brauchen auch ihre Zeit, um sich zu beruhigen. Neu gibt es dann noch Dupilumab, das ist ein Antikörper, also eine zielgerichtete molekulare Therapie aus der Neurodermitis-Therapie, der jetzt seit kurzem auch für die Prurigo Nodularis zugelassen ist. Das reduziert gerade auch Juckreiz und die entzündlichen Prozesse in der Haut. Es werden voraussichtlich bald mehr Therapien zugelassen, da geht die Pharmakologie zum Glück in die richtige Richtung. Ziel der Therapie ist nicht unbedingt, die Knoten zu reduzieren, sondern primär die Juckreizreduktion – weil die Knoten durch den Juckreiz und das bewusste und unbewusste Kratzen entstehen wird so versucht, in zweiter Linie auch die Knoten zu reduzieren. Der Juckreiz wird über subjektive Symptome gemessen, das geht zum Beispiel über eine Skala von 0-10, in die man die Beschwerden einordnet, um dann längerfristig ein klareres und auch etwas objektiveres Bild davon zu bekommen, wie der Juckreiz sich verändert hat. Außerdem gibt es die Itchy-App fürs Handy, in der man sich die Stärke des Juckreizes notieren kann.
„Die Mitschrift dieses Vortrages wurde vom Uniklinikum Münster genehmigt, aber nicht auf die Richtigkeit überprüft. Die Verantwortung hierfür liegt nicht beim Klinikum, sondern bei der SHG – eventuelle Fehler sind nicht ausgeschlossen. Falls ein Fehler auffällt bitten wir darum, uns einen Hinweis zu geben, damit wir uns ausbessern.
Mitschrift des Vortrages von Frau Amelie Weydringer“
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