Informationen zum Behindertenausweis

Informationen zum Behindertenausweis Fragen und Anmerkungen der Zuhörer werden in diesem Vortrag in rot kenntlich gemacht.

Behindertenausweise werden vom Versorgungsamt ausgestellt, also dem Zentrum für Familie und Soziales Bayern. In Würzburg befindet sich die Regionalstelle für Unterfranken, den Hauptsitz hat die Behörde in Bayreuth.

Warum zählt der Behindertenausweis immer nur ein paar Jahre? Ich werde bis zum Ende meines Lebens betroffen sein, und mit Anträgen und alldem bin ich nicht immer so auf dem Laufenden.

Wenn die Ausweise befristet sind, hat das einen Grund, normalerweise werden sie seit ein paar Jahren nicht mehr auf eine bestimmte Zeit ausgestellt. Früher war es wie mit dem Personalausweis, er wurde für fünf Jahre ausgestellt und dann verlängert. Wenn er befristet wird, dann aus dem Grund, dass der ärztliche Dienst bei der erstmaligen oder der nochmaligen Feststellung eine Besserung für möglich hält, wenn das der Fall ist müssen wir von der Verwaltung den Ausweis befristen. Ein Beispiel wäre auch, wenn sie auf 70 ein- oder hochgestuft werden, und man es durch Behandlung wieder verbessern könnte.

Ich würde mir auch wünschen, dass eine Besserung eintritt, aber das passiert nicht. Ich bin Krebspatientin und habe einen künstlichen Ausgang, den werde ich nicht mehr los. Eingestuft bin ich auf 100 %.

Ein künstlicher Ausgang wird mit 50 eingestuft, wenn der bleibt bleibt es dabei. Bei einer Tumorerkrankung wird der Grad der Behinderung nur auf Zeit gegeben.

Was braucht man in Deutschland, um einen Behindertenausweis zu bekommen ?

Sie müssen einen Antrag stellen, in dem sie angeben, worum es sich handelt, welche Gesundheitsstörungen, sie geben die Ärzte an, Krankenhäuser, Fachärzte und Rehakliniken die sie behandelt haben. Der ärztliche Dienst fordert dann die Unterlagen an, prüft die Angaben und stufen sie ein, außerdem stellen sie sich die Frage nach Nachteilsausgleichen und ob eine Besserung möglich wäre. Der Grad der Behinderung beginnt bei 20 und geht in 10erschritten bis 100, ab 50 gibt es einen Schwerbehindertenausweis. Mehr als 100 gibt es nicht, auch wenn mehrere Störungen vorliegen – die Ärzte prüfen in einem solchen Fall, wie sich die Störungen gegenseitig beeinflussen, und legen dann einen Grad der Behinderung fest.

Ziehen sie dann auch Fachärzte zu Rate, die sich speziell mit dieser Richtung beschäftigen? Beim medizinischen Dienst ist es oft so, dass dann ein Orthopäde mit meinem Antrag dasitzt, den ich wegen meiner Neurodermitis gestellt habe.

Ja, bei uns geht das schon in die Fachrichtung. Es muss nicht unbedingt ein spezieller Facharzt sein, man nennt das Sozialmediziner, aber sie sind da geschult und kennen sich aus.

Der Bundesgesetzgeber codifiziert den Grad der Behinderung, der Bundestag gibt versorgungsmedizinische Grundsätze raus, an diese muss sich gehalten werden. Sie sind bundesweit einheitlich, wenn der Gesetzgeber die Verordnung ändert ist das eine gesetzliche Änderung. Bei solchen Änderungen ist es durchaus möglich, dass bereits zuerkannte Behindertenausweise wieder weggenommen werden, auch wenn sie ohne Befristung ausgestellt wurden.

Diabetes zum Beispiel war normalerweise auf 30 festgelegt, nach einer Änderung ist nun auch 50 möglich, je nach Medikation und Aufwand werden die Betroffenen individuell eingestuft. Wenn sie mehr als viermal am Tag Blutzucker messen, sich Insulin spritzen und ihr Leben danach richten müssen, wird ihnen eine Schwerbehinderung anerkannt.

Im Gegensatz dazu wurden bei Hüft- und Knieendoprothesen Ausweise für 40, 50 und die Gehbehinderung ausgestellt, das gibt es mittlerweile nicht mehr.  Die Prothesenversorgung ist Standard, der Grad der Behinderung auf 20 zurückgesetzt worden.

Sie können sich telefonisch informieren, ob das Risiko einer Runtersetzung besteht, und danach entscheiden ob es sich lohnt, Änderungen ihres Zustandes anzugeben. Solang es nur im Gespräch ist, wissen die Zuständigen nichts, wenn aber bereits Befunde vorliegen müssen sie handeln.

Wenn ich Krebs habe und es wird nicht mehr besser, dann muss der Arzt eine falsche Aussage gemacht haben damit der Ausweis nur befristet ausgestellt wird.

Wenn mehrere Gesundheitsstörungen vorliegen muss mir der Arzt sagen, wie das im gesamten zu bewerten ist. Man muss die einzelnen Störungen betrachten, künstlicher Ausgang wird mit 50 bewertet, bösartige Tumorerkrankungen mit mindestens 50, aber die Ausweise werden nur befristet ausgestellt. Normalerweise kommt es bei Gesundheitsstörungen auf die Funktionsbeeinträchtigung an, wie sind die Behandlungen, wie ist der Leidensdruck, bei Hauterkrankungen kommt es auch auf die Ausprägung an. Bei Krebserkrankungen ist es etwas anderes, es kommt auf die TNM-Diagnose an, wann wurde der Krebs entdeckt, im Frühstadium oder später, wie groß ist er … T bezieht sich auf die Tumorgröße, N die Nodule, also ob Lymphdrüsen befallen sind, und M steht für Metastasen. Im günstigsten Fall T1 N0 M0, Frühstadium ohne Lymphdrüsenbefall und Metastasen, das wäre 50. Je nach Diagnose wird es höher eingestuft, und umso länger ist die Heilungsbewährungszeit, diese beträgt 2 oder 5 Jahre. Heilungsbewährungszeit heißt, dass zwar keine Änderung eintritt, aber auch kein Rezidiv auftritt. Wenn ich zum Beispiel Hautkrebs habe, liegt möglicherweise kaum eine Funktionsbeeinträchtigung vor, trotzdem bekomme ich 50 weil der psychische Druck da ist. Wenn in der Heilungsbewährungszeit keine Verschlechterung eintritt, zählt das als zum Stillstand gekommen, dann wird die Tumorerkrankung nicht mehr bewertet und auf 0 runtergesetzt. Deshalb ist der Ausweis von Krebspatienten befristet, weil sich etwas ändern kann. Nach der Heilungsbewährungszeit wird dann die Funktionsbeeinträchtigung berücksichtigt, wenn also durch Darmkrebs der Darm beeinträchtigt ist kann diese dann eingerechnet werden.

Bei anderen befristeten Erkrankungen wird die Frist meist für ein oder zwei Jahre festgelegt, beispielsweise wenn mehr als ein halbes Jahr behandelt wird und aber nachgeschaut werden muss, ob durch Operationen oder Medikation eine Besserung erzielt werden kann, diese sind dann kurzfristig.

Bei Hautkrebs beispielsweise gibt es bei T1 und T2 50, ab T3 wird die Behinderung auf 80 eingestuft. Nach 5 Jahren kann es durchaus passieren, dass es auf 0 zurückgesetzt wird. Auch wenn neben dem Tumor noch eine schwere Diabetes vorliegt, kann während der Tumorerkrankung auf 100 eingestuft werden, nach einer weiteren Einschätzung kann es auf 50 zurückgesetzt werden, wie gesagt wird nicht zusammengezählt.

Bei Rheuma kommt es auf die Funktionsbeeinträchtigungen an, wenn beispielsweise der Verlust einer Hand als 50 gezählt wird, kann auch ein Rheumapatient bei einer schweren Beeinträchtigung so eingestuft werden, wenn er noch greifen kann wird es eher zu Abstufungen kommen.

Für die Nachteilsausgleiche muss immer die spezielle Voraussetzung vorliegen, man kann nicht bei einem gewissen Grad der Behinderung automatisch auf die Art der Einschränkung schließen. G entspricht einer Einschränkung der Beweglichkeit, die bedeutet, dass  man die Wegstrecken nicht auf normale Weise zurücklegen kann. In den Befunden muss alles angesprochen werden. Merkzeichen B steht für Begleitperson, Voraussetzung ist dass man in öffentlichen Verkehrsmitteln Hilfe beim Ein- und Aussteigen durch eine andere Person braucht, das kann an körperlichen Gebrechen liegen, an Sehbehinderungen, einem Anfallsleiden oder auch der Unfähigkeit, sich selbst zu orientieren. Die Begleitperson kann in diesem Fall unentgeltlich befördert werden. Wer Merkzeichen G hat, muss eine Eigenbeteiligung leisten, es sei denn, man kann ein geringes Einkommen nachweisen. Für 6 Monate beträgt die Eigenbeteiligung 40€, für ein ganzes Jahr 80€. Diese wurde vor Jahrzehnten mal eingeführt, zusätzlich zu dem Ausweis bekommt man dann ein Beiblatt mit einer Wertmarke, die für den bezahlten Zeitraum gilt. Wenn laufend Hilfe zum Lebensunterhalt gezahlt wird, bekommt man das Beiblatt für ein Jahr ausgestellt, mit der Begleitperson hat das nichts zu tun. Bei dem Merkzeichen G müssen sie sich entscheiden, ob sie eine Kraftfahrzeugsteuerermäßigung oder die Freifahrt möchten. Wenn sie sich für die Steuerermäßigung entscheiden, müssen sie ihre Fahrscheine wie gehabt zum normalen Preis kaufen. Die Wertmarke gilt für den öffentlichen Nahverkehr, die Distanz, die sie zurücklegen, wird aber nicht beschränkt. Natürlich haben die Menschen, die in einer Stadt leben, einen Vorteil, was die Fahrmöglichkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln angeht, dafür gibt es als Ausgleich für die Landbevölkerung aber die Möglichkeit der Kraftfahrzeugsteuerermäßigung.

Was begehrt ist, ist das Merkzeichen AG, außergewöhnliche Gehbehinderung, welches bedeutet, dass man nur wenige Schritte außerhalb des Autos zurücklegen kann. Hier besteht die Möglichkeit, den Behindertenparkplatz zu nutzen, zusätzlich zum Kennzeichen AG muss man den blauen Parkausweis bekommen, der von den Kommunen ausgestellt wird. Wir stellen nur die Grundlagen, über die Möglichkeiten des Nachteilsausgleichs müssen sie sich selbst informieren und sie bei den verschiedenen Behörden geltend machen, beispielsweise müssen sie beim Zollamt die Kraftfahrzeugsteuerermäßigung beantragen, bei den privaten Betreibern müssen sie nachfragen, ob Eintrittsermäßigungen gegeben werden.

Wenn ich als Jugendlicher einen neuen Job beginne, muss ich beim Arbeitgeber meinen Schwerbehindertenausweis vorlegen? Beziehungsweise muss ich ihn darüber informieren, ist es ratsam?

Das ist eine knifflige Frage. Bisher war es so, dass man es sagen musste, nicht so wie bei einer Schwangerschaft, die man verheimlichen darf. Seit einiger Zeit gibt es das allgemeine Gleichstellungsgesetz, das ist noch nicht ganz durch, aber es besagt, dass ich eine Behinderung verneinen darf. Es kommt auch viel auf den Arbeitgeber an, ist es ein großer Arbeitgeber, der sozial eingestellt ist und einen Betriebsrat etc. hat oder ein kleinerer, der damit größere Probleme hätte.

Wenn der Job durch die Behinderung beeinträchtigt wird, muss ich es sagen, auch wenn ich keinen Ausweis habe.

Gerade beim Einstieg ins Berufsleben ist es möglich, das nochmal überprüfen zu lassen, es kann ja auch sein, dass die Eltern mal einen Ausweis beantragt haben, aber der Jugendliche möchte damit eigentlich gar nichts zu tun haben und fühlt sich auch nicht behindert. Ebenfalls kann es sein, dass sich die Beeinträchtigung mittlerweile verwachsen hat. Dann besteht die Option, den Ausweis und die Bescheinigung zurückzugeben, wenn der Arbeitgeber dann fragt, kann man guten Gewissens verneinen. Es kann natürlich auch sein, dass es für den Arbeitgeber überhaupt kein Problem ist, er sollte auch eine Quote erfüllen, wenn er das nicht tut, muss er eine Ausgleichsabgabe zahlen.

Merkzeichen H steht für Hilflosigkeit, wenn man also pflegebedürftig ist, die Pflegestufen wurden zu Pflegegraden angehoben, ab Grad 3 oder 4 wird diese bescheinigt. Nachteilsausgleich ist hier die Freifahrt ohne Eigenbeteiligung und der höchste Steuerfreibetrag.

Merkzeichen RF steht für eine Rundfunkgebührermäßigung, das wurde vor vier Jahren geändert, vorher gab es eine Befreiung, beispielsweise bei einer starken Seh- oder Hörminderung, oder wenn der Grad der Behinderung 80 beträgt und die Betroffenen keine öffentlichen Veranstaltungen besuchen können, beispielsweise ein Anfallsleiden. Wenn jemand mit einer Begleitperson und Rollstuhl hingebracht werden kann, liegen diese Voraussetzungen natürlich nicht vor. Es muss eine starke Gesundheitsstörung sein, bei der auch Störungen zu erwarten sind. Von der Rundfunkgebühr muss trotzdem noch ein Drittel gezahlt werden, eine komplette Befreiung gibt es nur noch bei Taubblindheit. Es gibt bei geringem Einkommen eine Befreiung, das fällt aber nicht in unsere Zuständigkeit.

Um einen Kündigungsschutz zu bekommen, müssen sie sich bei uns beim Integrationsamt melden und es muss eine Schwerbehinderung von mindestens 50 vorliegen, oder eine Gleichstellung, was bedeutet, dass sie einen Grad der Behinderung von 30 haben und die Agentur für Arbeit muss feststellen, dass der Arbeitsplatz gefährdet ist. Alternativ muss, wenn sie noch keinen Platz haben, von ihnen festgestellt werden, dass sie einen behindertengerechten Arbeitsplatz bräuchten, was dann einer Gleichstellung entspricht, die dem Kündigungsschutz gleichkommt. Wenn bei Schwerbehinderung eine Kündigung droht, muss der Arbeitgeber beim Integrationsamt eine Genehmigung einholen, bevor er das Arbeitsverhältnis aufheben kann.

Sie hatten vorhin von Hilflosigkeit gesprochen, da bekommt man ja eventuell die Rundfunkgebühren.

Nein, diese Gebühren werden ihnen erlassen wenn sie ein geringes Einkommen haben, bei Hilflosigkeit müssen sie den Eigenbetrag im öffentlichen Beförderungsverkehr nicht zahlen.

Welchen Grad der Behinderung brauche ich, um eine Kraftfahrzeugsteuerermäßigung zu bekommen?

Das ist unabhängig vom Grad der Behinderung, das kann 50 oder 100 sein, wichtig ist das Merkzeichen. Bei Merkzeichen G  bekommen sie die Kraftfahrzeugsteuerermäßigung, wenn AG oder H auf ihrem Behindertenausweis steht bekommen sie sogar eine Befreiung von dieser Steuer.

Wenn man den Grad 50 einer Behinderung hat und ein geringes Einkommen, kann ich dann auch eine Ermäßigung bekommen?

Nein, das ist einkommensunabhängig, nur die Merkzeichen spielen eine Rolle.

Ich habe ein Pflegekind, er wohnt bei mir zuhause, die leiblichen Eltern gehen mit dem Ausweis des Kindes zur Kraftfahrzeugsteuerermäßigung. Ein paar Stunden im Monat ist er beim Vater, den Rest der Zeit bei mir. Ist das rechtens? 

Das geht nur, wenn das Kind Halter des Fahrzeugs ist. Dann darf das Fahrzeug nur mit dem Kind und für das Kind verwendet werden, was ja eigentlich nicht geht, wenn das Kind bei ihnen ist. Es muss immer dabei sein. Das muss aber das Finanzamt klären. 

Zusammenfassung: Amelie Weydringer