Leitsymptom ist der chronische Juckreiz, weshalb die Neurodermitispatienten im Gegensatz zu Psoriasispatienten eher eine Behandlung und Beratung erwarten. Dies liegt an der psychischen Belastung, die durch den starken Juckreiz auf den Patienten ausgeübt wird. Es ist eine genetische Veranlagung gegeben. Neurodermitis ist auch eine Autoimmunerkrankung.
Eine Entzündung des Körpers wird im Normalfall durch etwas ausgelöst, das dort nicht hineingehört, wie beispielsweise Bakterien.
Bei der Neurodermitis jedoch macht die Entzündung keinen Sinn – es gibt keinen Grund dafür. Mit anderen Worten handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das körpereigene Immunsystem gegen den Körper wehrt. Auch Hormone sind bei dieser Erkrankung immer involviert. Bei der Schuppenflechte können diese Hormone mit Biologicals beeinflusst werden, jedoch nicht bei der Neurodermitis. Es gibt Studien, die auch bei Neurodermitis bei Gabe von einem bestimmten Biological gute Wirkungen erzielen, welche jedoch noch nicht auf dem Markt sind. Um die Entzündung zu unterdrücken, werden Immunsuppressiva sowie Cortison gegeben.
Die Ursprungsprobleme der Entzündung sind Zellen, es gibt entzündungshemmende und entzündungsfördernde Zellen. Normalerweise sind diese im Gleichgewicht, einer sogenannten Homöostase. Bei der Neurodermitis sind mehrheitlich die entzündungsfördernden Zellen im Körper, die Suppressorzellen, welche Entzündungen unterdrücken sollen, können nicht mithalten. Durch Faktoren wie Stress werden die Helferzellen, die die Entzündung fördern, noch „angetrieben“. Deshalb ist es bei der Neurodermitis von Bedeutung, das Gleichgewicht zu erreichen und zu erhalten. Bei der Neurodermitis gibt es einen bestimmten Forschungszweig, die Psychoneuroimmunologie. Diese befasst sich mit dem Gleichgewicht von Seele, Körper und Abwehrsystem. Hilfreich sind beispielsweise autogenes Training oder Yoga.
Auch das Immunsystem spielt eine große Rolle. Viele Neurodermitiker leiden auch an Bindehautentzündung, Heuschnupfen und allergischem Asthma. Allergologische Untersuchungen und die entsprechende Behandlung sind sehr wichtig.
Es gibt verschiedene Allergietypen. Neurodermitiker sind häufig von Typ1- Allergien, den schnellen Allergien, betroffen. Beispiele sind Lebensmittelallergien, Heuschnupfen, Pferdehaarallergie oder die gegen Hausstaubmilben. Getestet wird über den Brick- Test. Das Histamin wird mit Salzwasser auf die Haut gegeben, wenn der Test positiv ausfällt, bildet sich eine Quaddel. Vor dem Allergietest ist die Gabe von Antihistaminika nicht erlaubt. Diese Tests jedoch sind nur Hinweise auf mögliche Allergien, zu vergleichen ist das mit einem Kriminalroman – nicht jede Spur ist auch ein endgültiger Beweis. Somit sind auch Verbote nicht immer die richtige Lösung, zuerst muss wirklich endgültig gesichert sein, wogegen eine Allergie besteht.
Sehr gefährlich ist auch die sogenannte Etagenwanderung. Beispielsweise kann aus einem starken Heuschnupfen ein allergisches Asthma entstehen – deshalb ist es wichtig, Allergene aufzuspüren und die Allergien gezielt zu therapieren. Auch ein Pollenflugkalender ist hilfreich bei einer solchen Diagnose, da man anhand dieses Kalenders mögliche Verdächtige feststellen kann. Natürlich sind auch mehrere Allergien gemeinsam möglich.
Frage eines Patienten:
Ich konnte keine Hypersensibilisierung durchführen, da diese mit psychischen Nebenwirkungen zusammenhing.
Neben den Spritzen gibt es weitere mögliche Wege der Behandlung einer Allergie wie Tropfen, die jeden Morgen eingenommen werden, sogenannte sublinguale Mittel.
Frage des Patienten:
Kann ich bei Bluthochdruck, der sich durch diese merklich stabilisieren lässt, nur auf Histaminsuppressiva als Allergietherapie zurückgreifen?
Diaminooxidase, ein Enzym aus dem Magen-Darm-Trakt, sollte in diesem Fall dringend getestet werden. Dieses Enzym zerstört Histamin aus der Nahrung – denn bei einer zu hohen Aufnahme desselben kann es zu allergieähnlichen Reaktionen kommen. Die Aktivität dieser Enzyme kann über einen Blutwert gemessen werden, falls sie sehr niedrig ist kann auch über die Histaminmenge in der Nahrung eine gewisse Kontrolle über die Reaktion erlangt werden. In diesem Fall spricht man nicht von einer Allergie, sondern von einer Intoleranz. Betroffene müssen gut beraten werden, man sollte sich zum Thema „Histamin Intoleranz“ an einen Arzt wenden, der mit dem Thema vertraut ist.
Frage eines Patienten:
Mir wurde gesagt, dass eine Hypersensibilisierung durch Spritzen aufgrund meiner Kreuzallergien nicht möglich sei. Wären Tropfen eine Lösung für mich?
Da wurde ihnen etwas Falsches gesagt oder sie haben es falsch verstanden, das hat überhaupt nichts miteinander zu tun. Eine Allergie gegen Birkenpollen beispielsweise kreuzt oft mit einer Allergie gegen Apfel und Haselnuss. In vielen Fällen verbessern sich bei der Therapie gegen eine der Allergien auch die damit verbundenen Kreuzallergien – somit kann man in ihrem Fall nicht über die Kreuzallergien argumentieren. Möglich wäre unter anderem die Argumentation über das Risiko eines allergischen Schocks. Ein weiteres Ausschlusskriterium für eine solche Behandlung wäre die Gabe von Beta-Blockern, welche in dieser Kombination ihre Wirkung verlieren – dies kann bis hin zum Tod führen.
Frage eines Patienten
Ich bin von einer Histamin Intoleranz betroffen. Mir geht es besser, seit ich histaminarm esse , jedoch habe ich abgenommen und bin stark eingeschränkt.
Sie verhalten sich richtig, brauchen jedoch eine gute Begleitung auf ihrem Weg. Es ist falsch, vollkommen histaminfrei leben zu wollen – darunter leidet ihre Lebensqualität, was zu Stress führt, der einen erneuten Histaminanstieg bedingt. Auch müssen sie ihren Spiegel individuell einstellen, sie dürfen durchaus auch einmal etwas histaminhaltiges essen, um den Stress zu senken.
Frage eines Patienten
Mein Arzt will mir für meine Allergie Tropfen verabreichen, jedoch nehme ich auch Beta-Blocker.
Wenn sie stark reagieren, müssen sie sich überlegen, weshalb sie den Beta-Blocker nehmen. Bei Bluthochdruck beispielsweise können sie die Beta-Blocker durchaus einfach absetzen, bei Herz-Rhythmus-Störungen ist dies nicht möglich. Wichtig wäre es in diesem Fall erstmal, sich eine unabhängige zweite Meinung einzuholen.
Frage eines Patienten
Ist die Voraussetzung für den Einsatz von Biologics, dass die Hormone gesund sind?
Nein, denn die einzige Aufgabe der Biologics ist der Eingriff in das Immunsystem. Nebenwirkung wäre jedoch die Schwächung des Immunsystems, das nicht mehr dort wirken kann wo es notwendig ist. Harald zur Hausen, der herausfand, dass bestimmte Viren, die Warzen verursachen, auch Krebs bedingen können, wurde 2008 der Nobelpreis verliehen. Gegen diese Viren jedoch gibt es eine Körperabwehr. Nach bestimmten Krebserkrankungen werden deshalb die Patienten von der Therapie mit Biologicals ausgeschlossen. Auch bei Tuberkulose ist die Gabe der Biologicals nicht möglich.
Frage eines Patienten
Können kleine Kinder, die an Neurodermitis erkrankt sind, in der Pubertät von der Krankheit geheilt sein?
Ja, das ist durchaus möglich.
4-6% der Erwachsenen leiden an Neurodermitis, 15-20% der Kinder. Das bedeutet, dass nur jedes dritte betroffene Kind auch im Erwachsenenalter die Krankheit hat. Man muss jedoch wissen, dass die Erkrankung nach wie vor im Körper ist und jederzeit wieder ausgelöst werden kann. Wenn im Säuglingsalter Neurodermitis auftritt, ist meist Milchschorf der Auslöser – dieser ist eine Frühform der Neurodermitis. Milchschorf ist nichts schlimmes, kann durch Cortison behandelt werden und auch Olivenöl ist zum Lösen der Schuppen möglich. Ein bestimmtes Alter, in dem dieser Milchschorf nicht mehr auftritt, gibt es nicht – jedoch hält es definitiv nicht bis zum Erwachsenenalter an.
Bei der normalen Neurodermitis handelt es sich um einen multifaktoriellen Erbgang, 30 Gene spielen hier eine Rolle. Mittlerweile sind bis zu 60 Gene, die nicht in Ordnung sein können, beschrieben worden. In die Gene kann nicht eingegriffen worden. Das Risiko, ohne Vorbelastung an einer Atopie zu erkranken, liegt bei 10- 15%, es steigt um das 3 bis 4fache wenn ein Elternteil betroffen ist und auf 60-80%, wenn beide Elternteile erkrankt sind. Das Ausmaß der Neurodermitis jedoch wird nicht vererbt, auch wenn beide Eltern an einer starken Neurodermitis leiden muss das Kind nicht so stark betroffen sein.
Das atopische Ekzem wird unter anderem durch die genetische Disposition, also die abnormale Hautfunktion, die Störung der Immunität, neurovegetative Störungen, die Persönlichkeitsstruktur (Neurodermitiker reagieren sehr schnell auf innere oder äußere Faktoren), Allergene, mechanische Reize (Reize von außen, beispielsweise Tierhaare), das Klima oder die Luftfeuchtigkeit ausgelöst.
Der Grundmechanismus der Neurodermitis ist die trockene Haut, die zu starkem Juckreiz und Entzündung führt. Häufig ist der Grund für die Trockenheit das Fehlen von Harnstoff, der mit das beste Mittel ist, das es gibt. Er ist sozusagen ein Tanklaster, der Wasser speichert, transportiert und in der Haut hält.
Frage eines Patienten
Früher hatte ich keine Probleme mit Harnstoff, nun bekomme ich Schweißausbrüche wenn ich mir nur die Hände mit einer harnstoffhaltigen Salbe einschmiere.
Es gibt keine Allergie gegen Harnstoff, er wird vom Körper selbst entwickelt. Deshalb ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Reaktion dadurch ausgelöst wird – wahrscheinlicher ist eine Allergie gegen den Träger oder bestimmte Emulgatoren und Konservierungsmittel.
Frage eines Patienten
Mir wurde gesagt, dass ich den Harnstoff nur auf trockene Hautpartien auftragen soll, jedoch nicht auf offene Wunden oder Entzündungen.
Das ist sehr richtig. Es gibt zwei Kontraindikationen: Kinder unter 5 Jahren bekommen von Harnstoff ein sogenanntes Hautpiksen, auch in den oben genannten Fällen sollte er nicht genutzt werden. Als Faustregel gilt, dass man alles das verwenden sollte, was der Haut gut tut.
Frage eines Patienten
Gibt es für mich eine Obergrenze für den empfohlenen Ureagehalt einer Creme?
Nein, sie sollten herausfinden was für sie am besten ist. Jedoch sollte nicht unbedingt eine Creme mit 20% Urea genutzt werden, wenn sie eine Creme mit 10% finden, die sie gut vertragen, ist das ein vernünftiger Wert.
Auch ist bei der Neurodermitis die Produktion der Hautfette niedrig, der IGE-Wert der die Allergien auslöst ist jedoch hoch und die Haut verliert viel an Wasser.
Entgegen des weitverbreiteten Ratschlags, als Neurodermitiker möglichst kurz und vor allem nicht heiß zu duschen, kam von der Uni Würzburg als Tipp, 10-15 Minuten lang , lauwarm zu duschen und sich innerhalb 3 Minuten einzucremen, damit sich die Haut mit Wasser „vollsaugen“ kann und danach mit Creme verschlossen wird. Auch merkt man auf diese Weise, wann genau wieder Trockenheit eintritt.
Die Minimalform der Neurodermitis sind bei Jugendlichen und Erwachsenen häufig Lippenekzeme, eingerissene Mundwinkel, eingerissene Ohrläppchen oder trockene und schuppige Hautpartien an den Fußzehen.
Ein kleiner Prozentsatz der Neurodermitiker ist nicht von weiteren Allergien betroffen – bei dieser Form der Neurodermitis fehlt den Patienten das Eiweiß Filagrin. Dadurch geht die Haut auseinander, es bilden sich Löcher.
Es gilt, den Teufelskreis Hauttrockenheit à Juckreiz à Kratzen à Entzündung à Juckreiz zu durchbrechen. Durch richtige Externa wie Salben oder Cremes kann die Haut basistherapiert werden. Bei Neurodermitikern sind die Reiznerven besonders intensiv, weshalb es schnell zu einer Reizung und dem dadurch bedingten Juckreiz kommt.
Grundsätze der Hautbasistherapie sind unter anderem, dass jeder Patient individuell die Präparate und Wirkstoffe austesten muss. So kann bestimmt werden, was am besten hilft. Die Therapiemaßnahmen sind auch vom Krankheitsstadium abhängig, bei starker Rötung beispielsweise wird Harnstoff eher zu einer weiteren Reizung statt zu einer Besserung führen. Auch muss der gesamte Körper regelmäßig therapiert werden, auch wenn bestimmte Hautpartien momentan keine Entzündungen zeigen. Hygiene ist die goldene Regel, mit Fingern sollte man nicht in den Salbentopf.
Die wichtigsten Feuchthaltefaktoren sind Harnstoff und Glycerin.
Lichttherapie ist ebenfalls sinnvoll, UV-A ist besser für Neurodermitiker geeignet als UV-B. Durch den Lichteinfall werden die Entzündungen eingedämmt.
Es wird über Cortison und Immunmodulatoren therapiert. Auch das Anästhetikum Polyducranol, das die Juckreiznerven lähmt, ist kurzfristig eine Möglichkeit, die Symptome zu lindern. Auch Teere, Gerbstoffe und ätherische Öle werden in geringen Konzentrationen genutzt.
Wichtig ist, wie auch des Öfteren betont wurde, auszutesten, was der Haut gut tut, und das dann auch weiterzuführen.
Zusammenfassung: Amelie Weydringer
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